Oberschwelligerbereich

Teilnehmern öffentlicher Ausschreibungen, deren Auftragsvolumina die EU-Schwellenwerte überschreiten, genießen einen Primärrechtsschutz, der weit über den rechtlichen Möglichkeiten im Unterschwelligenbereich liegt. In diesem Bereich gilt das Vergabe- und Nachprüfungsrecht des vierten Abschnitts des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Speziell der Vergabe-rechtliche Teil wurde 2009 modernisiert.

Der entsprechende Ablauf gliedert sich in drei Eskalationsstufen, die aufeinander aufbauen:

Rüge der Vergabestelle

Sobald ein Bieter einen Verstoß gegen vergaberechtliche Richtlinien und Vorschriften erkennt, muss er umgehend eine Rüge aussprechen, spätestens jedoch bis Ende der Bewerbungs- oder Angebotsfrist. Unterlässt er dies, ist ein sich darauf beziehender Nachprüfungsantrag unzulässig. Wenn der Bieter erfolglos gerügt hat, aber nicht innerhalb von 15 Kalendertagen nach Eingang der Mitteilung der Vergabebehörde, der Rüge nicht abhelfen zu wollen, einen Nachprüfungsantrag einreicht, kann der vermeintliche Verstoß nicht mehr durch die zuständige Vergabekammer nachgeprüft werden. Eine Rüge ist zulässig, wenn sie den vermuteten Verstoß eindeutig benennt, bestenfalls durch den Verweis auf die geltende Vergabevorschrift. Sie muss Abhilfe verlangen oder ein Begehren formulieren, das innerhalb einer gesetzten Frist von der Vergabestelle beantwortet werden muss.

Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer

Wurde einer Rüge von der Vergabestelle nicht abgeholfen, kann der Bieter innerhalb von 15 Werktagen einen Nachprüfungsantrag stellen. Die Vergabekammern werden nur auf Antrag und im Rahmen des Gesetzes unabhängig und eigenverantwortlich tätig. Antragsberechtigt ist jedes Unternehmen, das ein wirtschaftliches Interesse an dem ausgeschriebenen Projekt hegt und seine Rechte verletzt sieht. Antragsgründe können Verstöße gegen geltende Vorschriften sein, rechtswidrige Absprachen oder auch das Unterlassen der öffentlichen Ausschreibung eines Auftrages. Vorher muss der Bieter bereits die Angelegenheit gerügt haben. Ein Nachprüfungsantrag ist kostenpflichtig, eine Kaution von 2.500 EURO ist vor Übermittlung des Nachprüfungsantrags an den Auftraggeber zu hinterlegen, wird aber im Erfolgsfall zurückerstattet.
Ein Nachprüfungsverfahren hat eine aufschiebende Wirkung auf die Vergabefristen, ein Zuschlag darf nicht vor der Entscheidung der Vergabekammer erteilt werden. Die involvierten Parteien haben ein Akteneinsichtsrecht im Rahmen des vermuteten Verstoßes.
Innerhalb von fünf Wochen muss die Vergabekammer eine einschlägige Entscheidung zu fällen und zu dokumentieren. Die Prozesskosten trägt die unterlegene Partei.

Beschwerde beim Oberlandesgericht

Erhält der Antragssteller aufgrund der Entscheidung der Vergabekammer den fraglichen Auftrag, hat er keine weitergehenden Rechtsschutzansprüche mehr. Beschließt die Vergabekammer hingegen, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig ist, kann er innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Entscheidung Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht einlegen. Auch diese Beschwerde hat aufschiebende Wirkung auf die Vergabe des Auftrags, es sei denn, das OLG kommt zu der Auffassung, dass die Erfolgsaussichten der Beschwerde äußerst gering sind. Das Oberlandesgericht kann die Entscheidung der Vergabekammer aufheben oder diese dazu verpflichten, die Sachlage erneut zu verhandeln. Die anfallenden Gebühren trägt ebenfalls die unterlegene Partei.

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