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„Wir können die globale Hungerkrise nicht aufhalten, aber helfen“

13.04.2022

In der Landtagssitzung vom 06. April 2022 im Schweriner Schloss betonte Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus, dass die Ernährungssicherheit in Europa trotz der Ukraine-Krise aufgrund des hohen Selbstversorgungsgrades derzeit und auf längere Sicht nicht bedroht ist. Dies hatten die Agrarchefs der Länder vergangene Woche im Rahmen der Agrarministerkonferenz (AMK) per Videoschalte bekräftigt. Deshalb gebe es aktuell keinen Anlass, die grundsätzliche Ausrichtung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik oder den Green Deal in Frage zu stellen, wie es die CDU in einem Landtagsantrag gefordert hatte.

„Uns allen ist bewusst, dass wir uns im Dauerkrisenmodus befinden. Die Corona-Krise ist noch immer nicht überwunden, Putins fürchterlicher Angriffskrieg auf die Ukraine kostet täglich Menschenleben, schüttelt die internationalen Märkte durcheinander und zeigt uns einmal mehr, dass die Versorgung mit Lebensmitteln in Hülle und Fülle auch in Europa keine Selbstverständlichkeit ist, denn auch bei uns sind einzelne Lebensmittel derzeit schwer zu bekommen. Bei alledem geht fast der Blick dafür verloren, dass wir weltweit eine Klimakrise haben, die uns noch über Generationen beschäftigen wird. Deswegen ist es wichtig, klug und besonnen zu handeln und die Weichen richtig zu stellen.

Die eine Krise gegen eine andere auszuspielen, bringt uns dabei nicht weiter. Natürlich müssen wir in einer Ausnahmesituation wie diese differenzieren und priorisieren. Klar ist, wenn der Krieg weiter andauert, werden wir auf eine globale Hungerkrise zusteuern. MV allein wird diese nicht aufhalten können, aber wir können und müssen helfen, indem wir zum Beispiel die ökologischen Vorrangflächen für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion freigeben. Das ist ein wichtiges Signal, heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass wir uns von unseren Klimazielen und unserer Verantwortung für den Umwelt- und Artenschutz verabschieden.

Unsere Spitzenposition im ökologischen Landbau und die hohe Nachfrage nach Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen zeigen, dass die Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern beides können – hochwertige Lebensmittel produzieren und ressourcenschonend wirtschaften“, sagte Backhaus.

Entscheidend sei, die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen, und dazu gehöre eben auch die eigene Produktionsgrundlage nachhaltig zu schützen, so der Minister. Gleichwohl müsse man zur Kenntnis nehmen, dass der Krieg in der Ukraine auch hierzulande zu Lieferschwierigkeiten, zum Beispiel bei Getreideprodukten und Ölsaaten, und erheblichen Preissteigerungen geführt hat, die man ernst nehmen müsse.

So hätten sich die Preise für A-Weizen (400 Euro/Tonne) und Raps (940 Euro/Tonne) laut Backhaus nahezu verdoppelt. Bei Schlachtschweinen sei eine Preissteigerung um 46 Prozent auf 1,85 € Prozent/Kilogramm zu verzeichnen; bei den Schlachtrindern um 14 Prozent (Jungbullen aktuell: 5,40 Euro/Kilogramm. Gleiches gelte für die Milcherzeugerpreise, die seit Mitte 2021 kontinuierlich angestiegen seien (im Februar: 43,29 Cent/Kilogramm). Eine Entspannung der Situation sei nicht in Sicht.

Weitaus dramatischere Folgen brächten die Exportrestriktionen allerdings für Dritt- und Schwellenländer in Asien und Afrika, prophezeite Backhaus. Allein Ägypten importiere jährlich bis zu 13 Millionen Tonnen russisches und ukrainisches Getreide. „Die EU-Landwirtschaft mit ihren Gunststandorten hat zur Stabilisierung der Rohstoffpreise und -märkte eine besondere Rolle und Verantwortung. Deshalb werden auf Bundes-, Landes- und Europaebene derzeit alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln auch in Zukunft wirtschaftlich und nachhaltig zu ermöglichen“, versicherte Backhaus und verwies auf die Ergebnisse der AMK.

So hat die EU-Kommission die GAP-Krisenhilfe in Höhe von 500 Millionen Euro aktiviert, wovon Deutschland rund 60 Millionen Euro erhalten soll. „Das Hilfepaket soll durch zusätzliche Bundesmittel aufgestockt werden und sich insgesamt auf 180 Millionen Euro belaufen, die der Urproduktion zur Verfügung gestellt werden. Damit dies 1:1 umgesetzt werden kann, geben wir Ende der Woche im Bundesrat ein entsprechendes Votum ab“, sagte Backhaus. Darüber hinaus habe sich die Mehrheit der Bundesländer auf der AMK dafür ausgesprochen, die ökologischen Vorrangflächen in Deutschland zur anstehenden Frühjahrbestellung für den Anbau beliebiger Kulturen zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion freizugeben, berichtete er. In Mecklenburg-Vorpommern betreffe dies ca. 22.000 Hektar Brachflächen. Bei einem durchschnittlichen Ertrag von fünf Tonnen pro Hektar, ließen sich auf dieser Fläche ca. 110.000 Tonnen Getreide anbauen. Bei einem angenommenen Jahresbedarf von 86 Kilogramm pro Person könnten damit 1,3 Millionen Menschen für ein Jahr mit Getreide versorgt werden.

Zudem soll der Bund prüfen, welche Beiträge Deutschland im Welternährungsprogramm noch leisten kann, um Hunger und Mangelernährung zu bekämpfen und damit weiteren politischen Instabilitäten und Fluchtbewegungen vorzubeugen.

  Quelle: www.regierung-mv.de/Landesregierung


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