Mischwasserbehandlung:
Die Mischwasserbehandlungsanlage Bobengrün im Gesamtüberblick.
Die Behandlung großer Niederschlagsspitzen in Mischwasser-Kanalisationsnetzen wird zunehmend wichtiger. Schon seit Jahren spielt der Werkstoff GFK eine wachsende Rolle bei der Installation von Stauraum-Kapazitäten in vorhandenen Netzen. Doch es geht nicht nur darum, ausreichendes Volumen bereit zu stellen; ebenso wichtig ist eine gründliche mechanische Vorreinigung von Mischwasserströmen, die bei extremen Regenereignissen in die Vorflut entlastet werden müssen. Eine bestechend einfache, technisch wie wirtschaftlich vorteilhafte Lösung ist die AmiScreen-Technologie, die der GFK-Rohr-Hersteller Amiantit Germany GmbH, Mochau, als Alternative zu herkömmlichen Rechensystemen entwickelt hat. Im Sommer 2015 wurden in Bayern zwei großvolumige Mischwasser-Stauräume installiert, deren Mischwasserentlastung durch AmiScreen vorbildlich gereinigt wird.
Wenn es bei extremen Niederschlagsspitzen derart vom Himmel schüttet, dass Mischwasser-Kanalisationsnetze über ihre Bemessungsgrößen hinaus belastet werden, können Stauraum-Kanäle Abhilfe schaffen, wie sie landauf-landab seit vielen Jahren installiert werden - inzwischen häufig aus GFK-Rohren großer Nennweiten, die zu großen Speicherbehältern zusammen gesetzt werden. Sind aber auch diese Kapazitäten ausgereizt, dann erfolgt eine Entlastung des Systems in die Vorflut. Gemäß den DWA-Merk- und Arbeitsblättern A 128, A 166, M 176 bis 178 und T 3 ist dies jedoch nur unter der Voraussetzung einer möglichst gründlichen Vorreinigung des in die Vorflut geleiteten Mischwasserstroms zulässig.
GFK-Überlaufschacht DN 3000 im "Anflug" auf der Baustelle Bad Steben-Bobengrün.
Die Evolution entsprechender Reinigungstechniken ist im letzten Jahrzehnten rasant voran geschritten. Aus linearen, mit Tauchwänden besetzten Überlaufschwellen wurden vom Stauraumspeicher getrennte Entlastungskammern mit Quelltöpfen, die bei sehr kompakter Bauform auch noch eine große Rechenlänge bieten. Unter Beachtung von Steig- und Fließgeschwindigkeiten werden gute Schmutzstoffrückhaltewerte erreicht. Einem klassischen Rechen kommt diese Lösung jedoch noch nicht gleich: Nur Rechen oder Siebe können definierte Grobstoffe oberhalb ihrer Perforation zu 100 Prozent und darunter zu bestimmten Anteilen zurück halten! Ein Nachteil dieser klassischen Lösung, Fremdstoffe aus dem Abwasserstrom mechanisch abzusieben, blieb jedoch auch hier: Die Rechen setzen sich mit Siebgut zu und müssen regelmäßig mechanisch gereinigt werden. Reinigung heißt jedoch unausweichlich: Stör- und verschleißanfällige Mechanik, oft verbunden mit der Notwendigkeit einer Meß- und Regeltechnik. Machbar ist das alles bei entsprechend hohen Kosten irgendwie schon, wirtschaftlich ist es nicht mehr -spätestens, seit es mit der AmiScreen-Technologie von Amiantit Germany ein System am Markt gibt, das hohen Wirkungsgrad und maximale Betriebssicherheit völlig ohne Mechanik und Steuertechnik bietet.
Ein mit AmiScreen ausgerüsteter Mischwasser-Stauraum besteht (von Zu- und Ablaufrohren abgesehen) aus folgenden Elementen: • dem eigentlichen Stauraumspeicher aus großvolumigen GFK-Rohren (bis DN 3000) • einem Entlastungbauwerk (oben- oder untenliegend), bestehend aus einem GFK-Schacht mit innenliegender Entlastungsschwelle, mal einfach, doppelt oder auch kreisrund ausgeführt. Meist über ein Trog- oder Kelchbauwerk gelangt von dort das abschlagende Regenwasser über den Ablaufkanal in die Vorflut. • einem Ablaufschacht (ebenfalls GFK) mit eingebauter Drossel, über den das rückgestaute Mischwasser nach Ende des Niederschlagsereignisses kontrolliert ins nachgelagerte Kanalnetz eingeleitet wird. • einem Grobstoffrückhaltesystem im Inneren des Stauraumspeicherkanals und somit entkoppelt von einer direkten Anbindung an oder auf der Entlastungschwelle.
Ankoppeln des Überlaufschachtes an den Röhrenspeicher DN 2900.
Das AmiScreen-Grobstoff-Rückhaltesystem besteht im Regelfall aus einem oder mehreren axial im Stauraum installierten perforierten Rohren, deren Nennweite, Baulänge und Oberfläche nach den hydraulischen Leistungsdaten des System bei Spitzenauslastung bemessen ist. Die Perforation kann in runder, eckiger oder geschlitzter Form erfolgen. Sie wird im Regelfall der Maschenweite von Rechenauf Schwellen angepasst. Bei Starkregen füllt sich der Stauraumkanal, wobei alle nicht schwimm- oder schwebefähigen Inhaltsstoffe unmittelbar auf den Boden des Systems sedimentieren, leichte Stoffe schwimmen nach oben auf. Mit ansteigendem Wasserstand füllt sich das in den Stauraum integrierte perforierte Rohrsystem. Bei Vollfüllung sind die Rohre dann komplett überströmt. Mit Beginn der Entlastung über das Abschlagbauwerk tritt erstmals eine erkennbare Durchströmung durch die Perforationen im AmiScreen-Rohr auf. Konstruktionsbedingt wird dabei ausschließlich Wasser aus diesem Rückhalteelement entlastet. Die Grobstoffrückhaltung ist somit durch die Größe der Maschenweite des Rückhalteelements bestimmt. Grobstoffe werden somit definiert im Stauraumkanal zurück gehalten.
Das Kernelement der AmiScreen-Technologie sind die im Speicherrohr installierten Grobstoff-Rückhalteelemente, deren Nennweite von der hydraulischen Bemessung der jeweiligen Anlage (Hier Bad Steben-Bobengrün) abhängt.
Durch die Lage des Rückhaltesystems im Stauraumkanal, also abseits der Schwelle,besteht die Möglichkeit die als Rechen wirksame Oberfläche auf ein Vielfaches zu erhöhen. Sie liegt beim Fünfzigfachen eines klassischen Rechensystems. Das schafft Reserven für den Fall einer Verstopfung von Maschen, realisiert aber auch eine deutlich langsamere Durchströmung: So werden die Verstopfungen durch Verkeilen, Quetschen und Verklumpen von Grobstoffen weitest gehend vermieden.
Bei abklingendem Zufluss und rückläufigem Wasserstand lösen sich weitgehend alle Verunreinigungen vom Rückhaltesystem. Sie sinken zur Sohle des Stauraums und werden im "Normalmodus" des Kanalnetzes mit dem Abwasserstrom zur Kläranlage ausgetragen. Die extrem glatten Innenflächen des Rohrwerkstoffs GFK sorgen zuverlässig dafür, dass keine nennenswerte Restverschmutzung zurück bleibt. Starke Ablagerungen oder gar feste Anhaftungen können sich nicht bilden, Reinigungsaufwand und Betriebskosten sind im GFK/AmiScreen-System somit gleich Null.
AmiScreen Bobengrün Im Ortsteil Bobengrün der fränkischen Gemeinde Markt Bad Steben (Kreis Hof) wurde im Juni 2015 ein mit AmiScreen ausgestatteter Stauraumkanal mit einem Speichervolumen von 217 Kubikmetern in Betrieb genommen. Hintergrund der Planung dieser Anlage durch das Ingenieurbüro USS Consult, Naila, war die Neuüberplanung eines Regenüberlaufbeckens am Bobengrüner Bach: Einerseits wies das 240 Kubikmeter fassende Becken nach über 40 Betriebsjahren Bauwerksschäden auf, des weiteren war auch seine wasserrechtliche Genehmigung abgelaufen. Die Vorplanungen hatten sehr schnell gezeigt, dass die wirtschaftlichste Lösung des Problems der Neubau eines Stauraumkanals von geeigneter Dimension und die Umnutzung des Überlaufbeckens zum Regenrückhaltebecken war. Die hydraulischen Berechnungen des Systems hatten ergeben, dass insgesamt 259 Kubikmeter Speicherkapazität bereit gestellt werden mussten. Bei einem anrechenbaren statischen Kanalvolumen (einstaubare Rohre im Zulauf) von 42 Kubikmetern waren folglich 217 Kubikmeter zusätzliches Speichervolumen notwendig; dieses bietet der Röhren-Speicher in der Nennweite DN 2.900. Insgesamt besteht das Bobengrüner Speicher- und Behandlungssystem aus folgenden Komponenten: • Zulaufrohre, darunter 12 Meter GFK DN 1000 • GFK-Röhrenspeicher (DN 2900, 30 Meter lang) • Überlaufschacht DN 3000 mit einem Überlauftrog DN 2000 mit Berme und Gerinne, einem Ablauf-und Regenauslasskanal DN 1000 • Drosselschacht (GFK DN 3000) • AmiScreen-Grobstoffrückhaltesystem DN 700, 2x20 Meter lang • Regenrückhaltebecken mit 900 Kubikmetern Volumen
Die vergleichsweise geringen Metergewichte von GFK-Rohren machen auch Bauelemente dieser Dimension handhabbar.
Der Bau des reinen Stauraumkanals mit Schachtbauwerken einschließlich Tiefbauarbeiten und Installation der AmiScreen-Grobstoffrückhalterohre nahm insgesamt vier Wochen in Anspruch. Eine derart kurze Bauzeit wäre bei einer Anlage in klassischem Beton-Tiefbau nicht ansatzweise realisierbar gewesen - ein Argument, das der Amiantit Germany GmbH bei der Installation von GFK-Speichersystemen in den letzten Jahren immer wieder als "Ausschlag gebend" begegnet.
Speicher-Doppelstrang in Lichtenfels Wesentlich komplexer war die Ausgangslage eines weiteren Speichergroßprojektes, das von der Sachverständigen GmbH Schneeberg und Kraus, Igensdorf, für die Stadt Lichtenfels (Kreis Lichtenfels) geplant und 2015 von der Feickert Bau GmbH verwirklicht wurde. Wie die Praxis zeigte, ist für den Entwässerungs-Einzugsbereich Lichtenfels-Nord auf der nördlichen Mainseite keine geordnete Mischwasserbehandlung vorhanden. Der parallel zum Fluss verlaufende Mainsammler DN 700 fiel immer wieder und an mehreren Punkten durch Mischwasserentlastungen in den Main auf, die nicht länger hin zu nehmen waren. Hinzu kommt, dass die Kanäle in Lichtenfels-Nord nicht zureichend gegen Flutung durch Mainhochwasser geschützt waren. Das ursprüngliche Lösungskonzept des GEP erweis sich als nicht realisierbar, da es einen extrem aufwändigen Dükerneubau großer Nennweite unter dem Main hindurch erfordert hätte. Deshalb wurde letztlich ein abweichendes Planungskonzept erarbeitet, dessen "tragende Säule" ein neues Regenüberlaufbecken auf der Mainnordseite mit einem Gesamtvolumen von 1607 Kubikmetern ist. Dieses RÜB ist räumlich verbunden mit einem unmittelbar vorgelagerten Einlaufbauwerk mit Schmutzwasser- und Hochwasserpumpwerk. Eine dem Bauwerk vorgelagerter 116 Meter langer Zulaufkanal (GFK, DN 2000) trägt maßgeblich zur Staukapazität des Gesamtkonzeptes bei.
Transfer eines GFK-Speicherrohrs DN 3000 vom Rohrlager zum Einbauort auf der Baustelle Lichtenfels.
Entscheidend beeinflusst wurde die Planung durch die beengte Lage zwischen der Köstener Straße und dem Hochwasserdamm des Mains. Während das Einlaufbauwerk in Stahlbetonbauweise errichtet wurde, wählte man für den Mischwasserspeicher zwei parallel verlegte Behälter aus GFK-Großrohren DN 3000 mit entsprechend bemessenen Überlaufschächten- DN 3000 ist derzeit das produktionstechnische Maximum beim Hersteller Amiantit Germany GmbH, Mochau, sowohl für Rohre als auch für Schächte. Im Betrieb werden ab einer Einstauhöhe im Einlaufbauwerk von 285,80 m ü.NN diese beiden Stauraumkanäle geflutet. Wenn in ihnen eine Höhe von 259,20 m ü. NN überschritten wird, beginnt der Abschlag über einen Klärüberlauf mit Regenwasser über vier kleine, unten liegende Quelltöpfe und eine angeschlossene Entlastungsleitung in den Main. Zur Erzielungeiner optimalen Reinigungsleistung sind diesem Überlauf vier perforierte Reinigungsstränge in DN 500 nach dem System AmiScreen vorgelagert. Grobstoffe werden damit zu 100 Prozent im Stauraumkanal zurück behalten. Nach Ende der Niederschlagsspitze werden sowohl die Pumpenkammer des Zulaufbauwerks als auch die beiden GFK-Speicher im Freigefälle entleert. Ab einem Mainpegel von 259,50 m ü NN wird die ankommende Schmutzwasserfracht dann von drei Pumpen über ein Niveau von 262,20 Meter ü NN (HW100) hinweg unmittelbar in den Entlastungssammler Richtung Main gehoben. Alle anderen Abläufe sind dann bereits gegen Hochwasserrückstau geschlossen.
Beim Projekt Lichtfels wurden gleich zwei großvolumige GFK-Speicherrohre verlegt und mit dem AmiScreen-System zur Grobstoffrückhaltung ausgerüstet.
Fotos: Amiantit Germany GmbH
Beide bayerischen Regenwasserbehandlungs- und Überlaufbecken belegen einmal mehr, welche technisch-kreativen Spielräume das Amiantit-GFK-System dem Planer von Abwassernetzen auch bei extrem schwierigen Aufgaben bietet, Insbesondere in Verbindung mit dem patentierten, hoch effizienten und wartungsarmen Grobstoff-Rückhaltesystem AmiScreen lassen sich auch quantitativ und qualitativ hoch gesteckte Vorgaben bei der Bewältigung von Starkniederschlagsereignissen in Mischwassernetzen souverän bewältigen. |