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Tropenholz für die Parkbank im Stadtpark?

03.12.2014

Worauf das öffentliche Beschaffungswesen beim Einsatz von Holz achten muss
Die Regeln für den Holzhandel sind strenger geworden

Der Rohstoff Holz ist weltweit begehrt – als Baumaterial, für die Energiegewinnung oder zur Möbelproduktion. Allein in Europa wird in wenigen Jahren der Bedarf die eigenen Holzressourcen aus heimischen Wäldern übersteigen. Vor allem in tropischen Ländern trägt illegaler Holzeinschlag zur Entwaldung großer Landstriche bei. Die 2013 in Kraft getretene EU-Holzhandelsverordnung will dem Geschäft mit illegalem Holzeinschlag europaweit den Riegel vorlegen und verpflichtet Unternehmen zur strikten Einhaltung von Sorgfalts- und Informationspflichten hinsichtlich der Herkunft der Importe. Außerdem sorgt ein Aktionsplan zwischen der EU und den Holz produzierenden Ländern dafür, dass in den Erzeugerländern Kontrollsysteme und Genehmigungsverfahren etabliert werden. Damit wird sichergestellt, dass nur legal geschlagenes Holz und legale Holzerzeugnisse in die EU eingeführt werden. Die europäische Holzhandelsverordnung stellt Importe von illegal eingeschlagenem Holz in die EU übrigens unter Strafe.

Öffentliche Auftraggeber verschärfen Beschaffungsregeln
Die öffentlichen Auftraggeber in Deutschland – Bund, Länder und Gemeinden – haben die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass nur noch Holzprodukte eingekauft werden dürfen, die nachweislich aus legaler und nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen. Damit soll ein Signal für das Kaufverhalten für den kommunalen Sektor gesetzt werden. Im Land Berlin gibt seit 2013 eine Verwaltungsvorschrift vor, dass bei öffentlichen Aufträgen nur noch zertifiziertes Holz beschafft wird. Unumstritten waren solche Regelungen anfangs keineswegs, aber die zuständigen Gerichte habe inzwischen entschieden: Umweltbezogene Vergabekriterien sind keine widerrechtlichen Wettbewerbsbeschränkungen und dürfen deshalb in Ausschreibungen berücksichtigt werden, so Michael Thielke, Abteilungsleiter für Umweltpolitik in der Berliner Senatsumweltverwaltung.

Großer Informationsbedarf bei Vergabestellen und Unternehmen
Wie die Berliner Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt zum Einsatz von zertifiziertem Holz anzuwenden ist, darüber gibt es aber sowohl bei öffentlichen Vergabestellen als auch bei Unternehmen noch Unsicherheiten und großen Informationsbedarf. Bei einer Fachtagung zum nachhaltigen Beschaffungswesen in Berlin standen dazu Vertreter der Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Rede und Antwort. Schützen durch nutzen, ist – vereinfacht ausgedrückt – das Konzept, das die deutsche Entwicklungspolitik verfolgt. Damit das Konzept aufgeht, braucht es mehr Nachfrage nach zertifiziertem Tropenholz aus nachhaltiger Bewirtschaftung. „Wenn Konsumenten und öffentliche Beschaffung zertifiziertes Tropenholz verstärkt nachfragen, tragen sie dazu bei, dass mehr Unternehmen und Waldnutzer in Entwicklungsländern auf eine nachhaltige Bewirtschaftung umstellen“, betonte Andreas Brede, Berater für Umwelt- und Sozialstandards bei der GIZ.

Siegel als Nachweis – nicht nur für Tropenholz
Woran erkennt man Holzprodukte, die diesem Merkmal entsprechen? Michael von Stackelberg, GIZ-Experte in Sachen „Qualitätscheck Nachhaltigkeitsstandards“ nennt eine Faustregel: „Wer Bauholz, Holz für den Wasserbau, Fensterrahmen, Gartenmöbel, Parkettböden oder Furniere aus Tropenholz verwenden möchte, muss auf anerkannte Nachhaltigkeitssiegel – zum Beispiel FSC oder PEFC – achten.“ Der Forest Stewardship Council (FSC) und das Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes (PEFC) sind die weltweit am meisten verbreiteten forstlichen Standardsysteme. Rund 440 Mio. Hektar Wald werden heute nach den Standards von PEFC und FSC bewirtschaftet, davon etwa 8,2 Mio. Hektar alleine in Deutschland. Die Siegel dieser und vergleichbarer Organisationen dienen als Nachweis, dass das Holz nicht aus illegalen Quellen, sondern aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammt, und sind Teil eines umfassenden Standardsystems, das für die Überwachung und Einhaltung der Regeln entwickelt wurde. Dazu gehören auch konkrete Vorgaben an Produzenten, Importeure und Händler zur Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialkriterien sowie ein Kontroll- und Überwachungsmechanismus, der die Glaubwürdigkeit des Verfahrens garantiert. Eine Produktkettenzertifizierung entlang der Lieferkette sorgt dafür, dass das Holz vom Verkaufsregal über Ländergrenzen hinweg bis zum zertifizierten Wald zurückverfolgt werden kann. In den Berliner Beschaffungsbestimmungen für Holz heißt es - ähnlich wie in vielen anderen Vergabebedingungen anderer öffentlicher Auftraggeber: „Der Nachweis“ (dass Holz und Holzprodukte nachweislich aus legaler und nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen) „ist vom Bieter durch Vorlage eines Zertifikats von FSC oder durch einen gleichwertigen Nachweis in Form eines vergleichbaren Zertifikats oder durch Einzelnachweise zu erbringen.“ Diese Bedingung gilt übrigens nicht nur für Tropenholz aus nachhaltiger Bewirtschaftung, sondern für alle Hölzer, auch aus deutschen oder europäischen Wäldern.

Gesamte Lieferkette muss überprüfbar sein
Doch eben jene lückenlose Lieferkettenzertifizierung kann insbesondere für Unternehmen, die sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen möchten, ein Hindernis sein. Muss sich zum Beispiel eine Gartenbaufirma, die sich um die Ausstattung eines Stadtparks mit Parkbänken bewirbt, ebenfalls zertifizieren lassen? Die Antwort lautet: „Es kommt darauf an, ob das beschaffte zertifizierte Holz beispielsweise in der Werkstatt oder auf der Baustelle noch endverarbeitet wird“. Nach den verbindlichen Vorgaben der Zertifikate ist es zur lückenlosen Nachweisführung unabdingbar, dass auch das Unternehmen selbst über ein gültiges Zertifikat verfügt welches das gelieferte zertifizierte Holz am Ende verarbeitet (z.B. die Gartenbaufirma). Dadurch soll die potentielle Vermischung von zertifizierten mit nicht zertifiziertem Holz bei der Herstellung oder Endverarbeitung von Holzprodukten ausgeschlossen werden. Bei der Lieferung von zertifizierten Holzfertigprodukten wie Gartenbänke, an denen nichts mehr verändert werden kann, ist dagegen von einem reinen Lieferanten keine Zertifizierung erforderlich. Bei öffentlichen Baumaßnahmen (Hoch-, Tief- und Gartenbau) wird das beschaffte zertifizierte Holz vorwiegend vor Ort endverarbeitet bzw. eingebaut, so dass in diesen Fällen neben den Holzprodukten auch das Holzendverarbeitende Unternehmen zertifiziert sein muss, um den Anforderungen an die nachhaltige Holzbeschaffung zu genügen.

Zertifizierung für kleine Unternehmen zu teuer – Gruppenzertifizierung ist möglich
Welches kleine Unternehmen, das vielleicht zwei-, dreimal im Jahr einen solchen Auftrag bekommt, kann sich aber die Zertifizierung leisten, die immerhin einige tausend EURO kostet? Auch ein Einzelnachweis, den ersatzweise das Johann Heinrich Thünen-Institut in Hamburg ausstellen darf, das im Auftrag der Bundesre-gierung die Herkunft von Holz und Holzprodukten prüft, kostet zusätzliche Gebühren. Bei der Berliner Fachtagung war dies eine heiß diskutierte Frage, die aber seitens der Berliner Senatsumweltverwaltung mit einer handbaren Lösung beantwortet wurde: Die Gruppenzertifizierung, bei der sich etwa in einem Verband zusammengeschlossene Unternehmen gemeinsam zertifizieren lassen und so die Kosten teilen können. Damit würden die Unternehmen am Ende der Lieferkette dann die Anforderungen der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU) des Landes Berlin an die Nachweisführung vollständig erfüllen. In diesem Kontext plant die Senatsumweltverwaltung auch, kurzfristig den Fachdialog mit den relevanten Innungen und Verbänden zu intensivieren. Sie will damit sicherstellen, dass möglichst viele Holz verarbeitende Betriebe zertifiziert und in der Lage sind, bei öffentlichen Ausschreibungen die Anforderungen an die Nachweisführung vollständig zu erfüllen.

Noch Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Es liegt auf der Hand, dass sich die Kosten der Zertifizierung in höheren Preisen niederschlagen, was für öffentliche Auftraggeber nicht ohne Probleme ist. Nach der Erfahrung von Matthias Röhnert, Geschäftsführer einer Holzhandelsgesellschaft in Berlin, besteht bei der nachhaltigen Holzbeschaffung durch öffentliche Auftraggeber noch eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit: „Wenn die bei einer Ausschreibung angebotenen Preise für zertifiziertes Holz aus Sicht der jeweiligen Vergabestelle zu hoch sind, wird auch schon mal eine Ausschreibung zurückgezogen“. Röhnert appelliert an die öffentlichen Auftraggeber, zu ihren Vergabekriterien zu stehen. „Sonst werden Unternehmen nicht bereit sein, die Zertifizierungskosten zu tragen, wenn die Aufträge für zertifiziertes Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft keine signifikante Größe erreichen. Sobald die Nachfrage steigt, sinken zudem die Preise, da die Mehrkosten für die Zertifizierung umverteilt werden können.“

  Quelle: www.mediacompany.com


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