Solarwirtschaft mahnt vor dem Hintergrund steigender Kapitalkosten attraktivere und flexiblere Marktprämien für neue Solarstromanlagen an / Andernfalls seien neue ehrgeizige Regierungsziele zum Ausbau der Solarenergie nicht erreichbar / Nachfrage nach gewerblichen Solardächern rückläufig / Auch EU-Kommission fordert Mitgliedsstaaten zur Verbesserung der Investitionsbedingungen auf
Der Bundestag verhandelt in diesen Tagen über die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Die Solarwirtschaft hat in diesem Zusammenhang die Schaffung attraktiverer und flexiblerer Marktprämien für neue Solarstromanlagen angemahnt. Der Gesetzesentwurf lasse nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW) einen Anpassungsmechanismus vermissen, der auf die derzeit sehr volatilen Investitionsbedingungen schnell genug reagieren könne. Insbesondere vor dem Hintergrund drastisch steigender Kapitalkosten zur Finanzierung neuer Solarprojekte bestehe akuter energiepolitischer Handlungsbedarf. Ohne deren Ausgleich sei die von der Ampel-Koalition angestrebte Verdrei- bis Vervierfachung der jährlichen Photovoltaik-Installationen in Deutschland nicht erreichbar. Im gewerblichen Sektor seien die Solarinvestitionen bereits seit geraumer Zeit rückläufig.
Von „erfolgskritischer und vorrangiger Bedeutung“ sei es, den bislang im EEG verankerten „Atmenden Deckel“ zu einem schnell auf das dynamische Marktgeschehen reagierenden, flexiblen Progressions- bzw. Degressionsmechanismus umzubauen. Im Mai hatte die EU-Kommission im Rahmen einer neuen Solar-Strategie die Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert, Förderprogramme derart auszugestalten, dass sich Investitionen in neue Solaranlagen binnen maximal zehn Jahren amortisieren. In der Konsequenz müssten die Vergütungssätze für den ins öffentliche Stromnetz eingespeisten Solarstrom gegenüber den Plänen der Bundesregierung erhöht werden, auch für neue Teileinspeiser-Solarstromsysteme sogenannter „Prosumer“, stellte der BSW klar. Dieser akute Handlungsbedarf wird auch vom Verbraucherzentrale Bundesverband, dem Handelsverband Deutschland und dem Gesamtverband der Wohnungswirtschaft gesehen (vgl. gemeinsamer Verbändeappell: https://bsw.li/3G2VdaS).
„Wesentliche Annahmen für die Berechnung von Solarstrom-Vergütungssätzen sind bereits vor dem Inkrafttreten des EEG 2023 veraltet! In Anbetracht der aktuell starksteigenden Zinssätze haben sich die Konditionen zur Finanzierung von Solarprojekten in diesem Frühjahr bereits deutlich verschlechtert. Zum Zeitpunkt der Kabinettsbeschlussfassung Anfang April wurde dies noch nicht eingepreist. In den aktuellen Beratungen im Bundestag muss dies aber berücksichtigt werden. Jede Zinsverteuerung um nur einen Prozentpunkt verlängert die Amortisationszeit einer neuen PV-Anlage um ca. 0,6 Jahre“, so BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Die Zinssätze im KfW-Programm 270 zur Finanzierung von Erneuerbaren Energien wurden in diesem Jahr bereits 31 Mal erhöht, wodurch sich der Zinssatz selbst für Projekte mit hoher Bonität von 1,3 Prozent am 1. Januar 2022 auf 3,85 Prozent am 22. Juni 2022 verdreifacht hat.
Auch das Umweltbundesamt empfahl bereits im vergangenen Jahr die Schaffung einer „flexiblen Hebebühne“ im EEG. „Im Falle absehbar weiter steigender Kapitalkosten versetzt diese die Bundesregierung in die Lage, eine Unterförderung schnell genug und ohne langwierige EU-Genehmigungsprozesse abstellen zu können. Nur so werden sich die neuen ehrgeizigen Solartechnik-Ausbauziele erreichen lassen und die gewünschten Erfolge noch in dieser Legislaturperiode einstellen“, warnt Körnig. |