Soziale Netzwerke bestimmen den Alltag immer mehr – man denke nur an die 2 Milliarden Facebook-Nutzer weltweit, die das kalifornische Unternehmen vom einstigen Hipster-Startup zu einem der einflussreichsten Konzerne der Welt gemacht haben. Doch wenn es um die berufliche Nutzung geht, sieht die Erfolgsbilanz der sozialen Netzwerke weniger beeindruckend aus, gerade in der Baubranche. Zumindest hierzulande ist die Anziehungskraft von Facebook, LinkedIn, Xing und Co. bei Architekten nicht besonders verbreitet. Immerhin jeder zehnte deutsche Architekt ist auch beruflich im Social Web aktiv, wie eine internationale Studie zeigt. Das ist allerdings kein Vergleich zu anderen Ländern, wo Social Media längst zum guten beruflichen Ton gehören. Wie kommt es zu dieser großen Diskrepanz?
In der jüngsten Arch-Vision-Barometerbefragung wurden europaweit 1.600 Architekten in acht europäischen Ländern unter anderem zu ihrer Nutzung von Social Media zu beruflichen Zwecken befragt. Die deutschen Planer bilden mit 9 Prozent beruflichen Nutzern mit Abstand das Schlusslicht. In den anderen untersuchten Ländern sind die Anteile durch die Bank deutlich höher – beim Spitzenreiter Niederlande sind sogar eine knappe Hälfte der Befragten berufliche Social Web-Anwender (44 Prozent). Wie kommt es zur deutschen Netzwerk-Abstinenz?
Zunächst sind die deutschen Architekten in ihrem gesamten Kommunikationsverhalten noch mehr den traditionellen Medien verhaftet, wie die Ergebnisse im europäischen Vergleich deutlich machen. Außerdem wird in Deutschland wie fast überall vor allem Facebook für berufliche Zwecke eingesetzt – und hierzulande gilt es nun mal auch bei den meisten Kunden nicht als besonders seriös, wenn der potenzielle Architekten für das eigene Einfamilienhausprojekt per Facebook-Chat Verbindung aufnehmen will. Zumal die Einführung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) die berufliche Anwendung der sozialen Netzwerke nicht gerade leichter macht. Im übrigen Europa haben sich die sozialen Netzwerke im Berufsleben der Architekten bereits soweit etabliert, das die Einführung der DSGVO keine ernsthafte Minderung der Social Media-Begeisterung verursachen dürfte. Die Ausnahmestellung beim Social Media-Klassenprimus Niederlande dürfte im Übrigen damit zusammenhängen, dass bei unseren holländischen Nachbarn nicht Facebook das berufliche Architekten-Netzwerk Nummer 1 ist, sondern vor allem LinkedIn, ein Berufs- und Jobnetzwerk, bei dem Datenschutzbedenken naturgemäß weniger aufkommen als beim von privaten Nutzern dominierten Facebook.
Die niederländische Architekturbranche nutzt soziale Netzwerke dementsprechend auch vor allem, um beruflich mit anderen Firmen zu netzwerken und sich über Branchentrends und Entwicklungen zu informieren – also mit Arten der Nutzung, die sich für professionelle Netzwerke wie eben LinkedIn besonders eignen. Ob hierzulande in nächster Zeit der große Social Media-Boom bei Architekten ausbricht, ist dagegen fraglich. Immerhin dürfte sich auch in Deutschland der Anteil der sozial netzwerkenden Architekten langfristig ausweiten – spätestens, wenn ein Generationswechsel ansteht. Nicht nur bei den Architekten, sondern vor allem auch auf der Kundenseite. Spätestens wenn die Angehörigen der Generationen Y (ab Jahrgang 1980) und Z (ab Jahrgang 1995) vermehrt zu Bauherren werden und damit eine Kundengeneration in den Startlöchern steht, deren Alltag auch bei der Kommunikation mit Dienstleistern zunehmend über die sozialen Netzwerke stattfindet. |