von Ra Michael Seitz
Ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Werkvertrag kann widerru-fen werden mit der Folge, dass dem Werkunternehmer keine Vergütung und auch kein Aufwendungsersatz zusteht.
Dies hat das Landgericht Coburg in einem Urteil vom 09.08.2018 (Az.: 21 O 175/18) entschieden.
Der Fall: Aus dem Öltank des AG leckt es. Der eilig herbeigerufene AN legt dem AG schon am nächsten Tag einen Kostenvoranschlag zur Umstellung der Heizungsanlage von Öl auf Gas vor und beginnt kurze Zeit später mit den Arbeiten. Am nächsten Tag fordert die Tochter des AG den AN auf, die Arbeiten einzustellen, was dieser auch tut. Sodann übersendet er an AG eine Rechnung über den vollen Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen. AG behauptet, keinen Auftrag erteilt zu haben und widerruft außerdem einige Wochen später vorsorglich den Vertrag.
Das Urteil: Die Werklohnklage des AN bleibt erfolglos. Dabei lässt es das Landgericht offen, ob durch den Kostenvoranschlag und dem Beginn der Arbeiten ein Ver-trag über den Umbau der Heizungsanlage zustande gekommen ist. Jedenfalls habe AG einen etwaigen Vertrag wirksam widerrufen. Es handelt sich um einen Verbrau-chervertrag, der außerhalb der Geschäftsräume des AN, nämlich im Hause des AG geschlossen wurde. Bei solchen Verträgen besteht gemäß § 312b Abs. 1 i. V. m. § 312g Abs. 1 BGB stets ein Widerrufsrecht des Verbrauchers. Über die Widerrufs-möglichkeit hatte AN ebenso wenig belehrt wie über den Umstand, dass bei soforti-gem Beginn der Arbeiten das Widerrufsrecht erlischt (§ 356 Abs. 4 BGB). Auch ein Ausschlussgrund für das Widerrufsrecht gemäß § 312g Abs. 2 BGB war hier nach Auffassung des Landgerichts nicht gegeben. Zudem stellt das Landgericht lapidar fest, dass selbst bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung ein späteres Widerrufsrecht aufgrund fehlender Belehrung nicht ausgeschlossen sei. Da AN den AG hier gar nicht belehrt hatte, beträgt die Widerrufsfrist 12 Monate und 14 Tage (§ 356 Abs. 3 S. 2 BGB). Diese Frist war nicht verstrichen. Daher steht AN kein Anspruch auf Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen zu.
Fazit: Bereits in mehreren, unterschiedlich gelagerten Fällen haben die Landgerichte entschieden wie hier das Landgericht Coburg. Dabei wenden sie die geltende Rechtslage zutreffend an, was man ihnen kaum vorhalten kann. Vielmehr ist die Rechtslage selbst skandalös. Anders als bei Kaufverträgen sieht das Gesetz nämlich keine Rückgewähr der beiderseits empfangenen Leistungen vor und auch ein Wertersatzanspruch besteht für den AN nicht. Es ist also denkbar, dass bei fehlender Widerrufsbelehrung selbst eine vollständige und mangelfreie Leistung nicht bezahlt werden muss, ja AN etwaig empfangene Zahlungen sogar zurück gewähren muss. Umso wichtiger ist es für jeden Bauunternehmer, bei allen Verträgen mit Verbrauchern, die er nicht in seinen eigenen Geschäftsräumen schließt, über die Widerrufsmöglichkeit zu belehren und mit den Arbeiten erst zu beginnen, wenn die Widerrufsfrist entweder abgelaufen ist oder aber der Verbraucher AG über den Wegfall des Widerrufsrechts bei vorzeitigem Beginn ebenfalls belehrt wurde. |