Arbeitgeber lehnen Schiedsspruch ab
Der am 24. März vorgeschlagene Schiedsspruch im Schlichtungsverfahren zum Mindestlohn in der Baubranche wird von der Arbeitgeber-Tarifgemeinschaft (Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und Zentralverband des Deutschen Baugewerbes) offiziell abgelehnt. Genannt wurden für die Ablehnung von dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) und Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) mehrere Gründe. Zum einen stelle die vorgeschlagene Erhöhung eine nicht zu rechtfertigende Verteuerung einfachster Tätigkeiten im Baugewerbe dar. Zum anderen blickt die Baubranche in Folge des Ukraine-Kriegs besorgt in die Zukunft; die aktuelle Preis- und allgemeine wirtschaftliche Entwicklung ließen wenig Spielraum zu, verlässliche Prognosen seien derzeit nicht möglich.
Hintergrundinformationen Schiedsspruch
In dem Schlichtungsverfahren zum Bau-Mindestlohn wurde am 24. März ein Schiedsspruch vorgelegt, der folgende Punkte enthalten sollte: Mit einer Laufzeit vom 1. Mau 2022 bis zum 30. Juni 2024 sollte der Mindestlohn 1 um jeweils 60 Cent (ca. 4,6 Prozent) zum 01. Mai 2022, 1. April 2023 und 1. April 2024 erhöht werden. Der Mindestlohn 2 sollte bis zum 31. Dezember 2022 auf dem aktuellen Niveau „eingefroren“ werden und ab dem 01. Januar 2023 wegfallen. Die Tarifvertragsparteien sollten sich außerdem schuldrechtlich dazu verpflichten, nachfolgende Mindestlohnanpassungen zunächst in den Jahren 2025 und 2026 nach der Inflationsrate und ab Ende 2026 nach dem dann bestehenden Verhältnis zum Ecklohn festzulegen.
Kommentare der Arbeitgeber-Parteien
Jutta Beeke, Vizepräsidentin des HDB und Verhandlungsführerin der Arbeitgeber, erklärte: "Der Automatismus, einen einheitlichen Branchenmindestlohn erst an eine Inflationsrate zu koppeln und danach exakt mit den höheren Tarifentgelten anzupassen, stellte sich auf Seiten der Arbeitgeber als eine zu große Selbstbeschränkung freier Tarifverhandlungen dar. Hinzu kommt, dass diese Vereinbarung keine ausdrückliche Kündigungsmöglichkeit vorsieht."
Uwe Nostitz, Vizepräsident des ZDB, ergänzte: "Eine vernünftige Tarifpolitik muss auf die momentan unüberschaubare Branchensituation Rücksicht nehmen, vorsichtig vorausschauend agieren und Planungssicherheit geben. Wir werden die Festlegung der Höhe eines eigenständigen Bau-Mindestlohns weder dem Gesetzgeber noch dem Zufall überlassen."
Scharfe Kritik von der IG BAU
Die Bundestarifkommission der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hatte bereits am 31. März dem Bundesvorstand empfohlen, dem Mindestlohn-Schlichterspruch von Professor Dr. Rainer Schlegel zuzustimmen. So kritisiert IG BAU-Chef Robert Feiger auch die Arbeitgeber: „Das ist unverantwortlich, das gefährdet die Zukunft der Bauwirtschaft. Die Unternehmen haben damit eine große Chance verpasst.“ Die Folge davon sei die Abschaffung dieser Lohnuntergrenze in der Baubranche. „Ein fairer Wettbewerb scheint für die Bauunternehmen keine feste Größe mehr zu sein. Denn jetzt haben vor allem diejenigen Firmen einen Vorteil, die nicht tarifgebunden sind. Ob das wirklich intelligent ist, wage ich zu bezweifeln,“ befürchtet Herr Feiger.
Wie geht es weiter?
Nach dem Wegfall der spezifischen Regelungen für die Branche wird künftig auch am Bau der gesetzliche Mindestlohn gelten. Der liegt seit dem 1. Januar bei 9,82 Euro pro Stunde. Zum 1. Juli 2022 steigt er planmäßig auf 10,45 Euro. Die Bundesregierung will das Minimum der Bezahlung zum 1. Oktober dann auf 12 Euro erhöhen.
Die Arbeitgeberseite signalisiert aber, dass sie offen für weitere Verhandlungen ist. Auch wenn ein Branchenmindestlohn nach momentaner Arbeitsmarktlage nicht zwingend kurzfristig nötig erscheint, ist weiterhin die Bereitschaft vorhanden, einen einheitlichen Bau-Mindestlohn zu verabreden. In der Schlichtung wurden hierfür bereits 13 Euro genannt. Jutta Beeke sowie Uwe Nostitz stellten fest, dass die Beratungen des Schiedsspruchs in den Gremien der Arbeitgeber zwar zur Ablehnung führten, gleichzeitig aber auch Spielräume aufgezeigt hätten. |