zurück

Gewährleistungsverlängerung im Abnahmeprotokoll?

23.08.2018

von RA Michael Seitz

Ergänzt der Auftraggeber das Abnahmeprotokoll dahingehend, dass entgegen der ursprünglichen Vereinbarung für bestimmte Gewerke die Gewährleistungsfrist auf zehn Jahre verlängert werden soll, so ist dies wirksam, wenn der Auftragnehmer das Abnahmeprotokoll unterzeichnet, auch wenn er diese Vereinbarung nicht treffen wollte.

Dies hat das OLG Bamberg in einem Urteil vom 26.06.2018 (Az.: 5 U 99/15) entschieden.

Der Fall: AN beauftragt AG mit Rohbau-, Fassaden- und Wärmedämmarbeiten an einem Mehrfamilienhaus. Im Vertrag wird eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren vereinbart, mit Ausnahme der Dachabdichtung, für die zehn Jahre vereinbart werden. Nach Fertigstellung der Arbeiten fertigt AG ein Abnahmeprotokoll, in der Beginn und Ende der Gewährleistungsfrist datumsmäßig genau festgehalten sind. Dabei soll nach diesem Abnahmeprotokoll nun nicht nur für die Dachabdichtung, sondern auch für die Fassade eine Gewährleistungsfrist von zehn Jahren gelten. AN unterschreibt dieses Protokoll. Nach sieben Jahren rügt AG Mängel an der Fassade. AN wendet Verjährung ein und meint, das Abnahmeprotokoll sei rechtsgeschäftlich bedeutungslos. Seine Unterschrift habe lediglich die Funktion, die Teilnahme am Termin und die Kenntnisnahme vom Protokoll zu bestätigen. Er – AN – habe keinen rechtsgeschäftlichen Erklärungswillen gehabt, die Gewährleistungsfrist für die Fassade auf zehn Jahre zu verlängern, daher könne sich AG nicht auf eine längere Gewährleistungsfrist berufen.

Das Urteil: Das sieht das OLG Bamberg ganz anders. Die Ansprüche des AG seien nicht verjährt. Indem AG in das Abnahmeprotokoll die veränderte Gewährleistungsfrist für die Fassade aufnahm und AN dies unterschrieb, sei eine geänderte Gewährleistungsfrist für die Fassade vereinbart worden. Mit seiner Unterschrift habe AN dieser Änderung auch zugestimmt. Das er diese Unterschrift leistete, ohne das Protokoll sorgfältig gelesen zu haben, nützt ihm nichts. Hätte AN die Erklärung nicht gegen sich gelten lassen wollen, hätte er dies bei Leistung seiner Unterschrift unmissverständlich zum Ausdruck bringen müssen, was er nicht tat.

Michael Seitz_1.jpg

Fazit: Die Entscheidung zeigt wieder einmal anschaulich, wie wichtig es ist, Dokumente, Protokolle usw. zu lesen, bevor man sie unterschreibt. Sehr wohl kann man in Abnahmeprotokollen Willenserklärungen abgeben, was schon die Tatsache zeigt, dass auch AG mindestens eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung abgibt, indem er die Abnahme erklärt. Ebenso muss AN damit rechnen, dass im Rahmen des Abnahmetermins Erklärungen zum Beginn oder zum Ende der Gewährleistungsfrist erfolgen. Wenn er dann – und sei es auch ohne zu lesen – unterschreibt, muss er diese Erklärung gegen sich gelten lassen. Also: Abnahmeprotokolle sorgfältig lesen, bevor man unterschreibt!

  Quelle:


Gratis Gastzugang

Submissions-Anzeiger | Tageszeitung-Ad

Aktuelles
Seminarangebot

Baurecht- und Vergabeseminare