Viele tarifgebundene Unternehmen leisten "Sonderzahlung" zum Jahresende - Weihnachtsgeld als 13. Monatsgehalt ist laut ver.di aber selten
-- Von Marlene Petermann --
Frankfurt/Main (dapd-hes). Kurz vor Weihnachten dürfen sich viele Beschäftigte aus tarifgebundenen Unternehmen in Hessen wieder über eine Finanzspritze freuen. Das Weihnachtsgeld als klassisches 13. Monatsgehalt wie vor zehn Jahren gibt es in dem meisten Fällen allerdings schon lange nicht mehr, wie Christian Rothländer, Tarifkoordinator des öffentlichen Dienstes bei ver.di Hessen, der Nachrichtenagentur dapd sagt. Oft sei man zu einer "Jahressonderzahlung" übergangen.
Diese wird zum Beispiel vom Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport an seine deutschlandweit etwa 20.000 Mitarbeiter gezahlt. "Die Höhe beträgt, je nach tariflicher Eingruppierung, zwischen 60 bis 90 Prozent eines Monatsgehaltes", sagt Fraport-Sprecher Christopher Holschier auf Anfrage. In den letzten Jahren sei sie zudem nicht verändert worden.
Beim Automobilhersteller Opel wird ebenfalls ein tariflich vereinbartes Weihnachtsgeld gezahlt, allerdings nur in Höhe von 55 Prozent eines Monatsgehaltes, wie Unternehmenssprecherin Doris Klose in Rüsselsheim sagt. "Vor ein paar Jahren war das noch höher, da gab es noch Zulagen", führt sie weiter aus.
Beim hessischen Reifenhersteller Goodyear Dunlop Tires Germany in Hanau und Fulda können sich die Beschäftigten hingegen über ein tariflich vereinbartes Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehaltes freuen. Dies sei im Vergleich zu den überwiegenden Sonderzahlungen in anderen Unternehmen eher die Ausnahme, schätzt Gewerkschafter Rothländer ein. Auch im öffentlichen Dienst werde den Bediensteten des Landes, der Städte und Kommunen kein volles 13. Monatsgehalt mehr gezahlt. Zudem fasse die dort gezahlte Sonderzahlung meist auch das Weihnachts- und Urlaubsgeld zusammen.
Foto: Jens-Ulrich Koch /dapd
Verschiedene Berechnungsmodelle für Sonderzahlungen
So erhielten beispielsweise die Beschäftigten des Landes aus den unteren und mittleren Einkommensgruppen 90 Prozent eines Gehalts, das aus dem Durchschnitt der Zahlungen in den Sommermonaten Juli, August und September errechnet werde, erläutert Rothländer die Berechnungsgrundlage. In den höheren Gehaltsgruppen würden 60 Prozent gezahlt.
Auch die Vereinigung hessischer Unternehmerverbände (VhU) teilt mit, dass "Weihnachtsgeld als Sonderleistung da gezahlt wird, wo es tarifvertraglich geregelt ist". Neben der Chemischen Industrie und den Banken können auch die Beschäftigten größerer hessischer Unternehmen aus der Metall- und Elektroindustrie mit dem Bonus rechnen.
In dieser Branche gebe es eine sogenannte "betriebliche Sonderzahlung, die prozentual ansteigt und nach drei Jahren Betriebszugehörigkeit die Maximalstufe von 55 Prozent eines Monatsentgeltes erreicht", erklärt VhU-Sprecher Ulrich Kirsch. Dies gelte auch für Auszubildende. Darüber hinaus sei in der Metall- und Elketroindustrie auch ein Urlaubsgeld von 69 Prozent des Monatsentgeltes tarifvertraglich geregelt.
In der Chemischen und pharmazeutischen Industrie wird Kirsch zufolge eine "Jahresleistung" ausgeschüttet, die 95 Prozent des Monatslohnes betrage. Für Banker sei dagegen vereinbart worden, dass betriebliche Sonderzahlungen, wie Weihnachts- und Urlaubsgeld, im Jahr 100 Prozent eines Monatsentgeltes nicht unterschreiten dürften, sagt Kirsch weiter.
"Weihnachtsgeld als Disziplinierungsmittel"
Über die freiwilligen Zahlungen von Weihnachtsgeld nicht tarifgebundener Arbeitgeber liegen der VhU und ver.di keine Erkenntnisse vor. Auch wollten sich einige der größeren hessischen Industriebetriebe auf dapd- Anfrage nicht zum Thema Weihnachtsgeld äußern.
"Aus persönlichen Gesprächen mit Beschäftigten aus nicht tarifgebundenen Betrieben" weiß Ute Fritzel, Sprecherin des Deutschen Gewerkschaftsbundes Hessen-Thüringen, "dass Weihnachtsgeld nach Nase bezahlt wird". Je nach Beurteilung des Arbeitgebers, wie fleißig ein Mitarbeiter im Jahr gewesen sei, schwankten die Ausschüttungen manchmal zwischen 150 und mehreren hundert Euro.
"Das Weihnachts- und Urlaubsgeld ist ein Politikum, ein Disziplinierungsmittel", schließt Fritzel daraus. Es befördere bei rein individueller Regelung die Konkurrenz unter den Mitarbeitern, schüre Misstrauen oder Missgunst, wenn der eine mehr als der andere bekomme. Die rein betriebswirtschaftliche Sicht gefährde dadurch das Arbeitsklima, warnt die DBG-Sprecherin.
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