Zwei Urteile in kurzer Folge:
Kommunen dürfen füreinander nur ausnahmsweise Leistungen erbringen, ohne dass diese vorher im Wettbewerb ausgeschrieben wurden. Dass eine Kommune die andere beauftragt und deren Leistungen bezahlt, genügt dafür nicht. Auf eine Ausschreibung verzichten dürfen öffentliche Stellen nur, wenn sie dabei eine gemeinsame Strategie verfolgen und tatsächlich zusammenarbeiten. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 04.06.2020 in einem Fall aus Rheinland-Pfalz zur Abfallentsorgung entschieden (C-429/19).
Ein kommunaler Zweckverband hatte Abfälle durch einen anderen Landkreis behandeln lassen, hätte diese Dienstleistung aber am Markt ausschreiben müssen.
Der EuGH interpretiert mit seiner Entscheidung eine Ausnahme in den Vergabevorschriften. Diese Ausnahme hatte er fast auf den Tag genau vor 11 Jahren anlässlich eines ähnlichen Sachverhalts in Norddeutschland erstmals angewandt (Urteil vom 09.06.2009, C-480/06 „Stadtreinigung Hamburg“).
Sein damaliges Urteil blieb Grundlage und Maßstab für Kooperationen zwischen Kommunen und fand 2014 auch Eingang in die neu gefasste EU-Vergaberichtlinie. Mit seiner Entscheidung vom 04.06.2020 äußerte sich der EuGH nach nur einer Woche erneut zu den Voraussetzungen, unter denen öffentliche Stellen untereinander ohne Ausschreibung Leistungen austauschen dürfen. Erst am 28.05.2020 (C-796/18) hatte der EuGH bestätigt, dass öffentliche Auftraggeber in Bezug auf die Einsatzleitsoftware ihrer Berufsfeuerwehren grundsätzlich ohne Ausschreibung zusammenarbeiten dürfen, sofern dadurch kein privates Unternehmen bevorzugt wird, siehe dazu https://www.heuking.de/de/news-events/aktuelle-meldungen/20200529-einsatzleitsoftware-fuer-berufsfeuerwehr-koeln-eugh-bestaetigt-moeglichkeit-der-kooperation-mit-dem-lan.html.
„Die beiden Entscheidungen bringen Klarheit für die öffentliche Hand. Öffentliche Stellen dürften weiter ohne Vergabeverfahren zusammenarbeiten, wenn sie die Voraussetzungen beachten“, freut sich Ute Jasper, Rechtsanwältin und Teamleiterin bei Heuking Kühn Lüer Wojtek. „Damit können insbesondere Kommunen besser beurteilen, was zu tun ist, um eine geplante Kooperation vergaberechtskonform ohne Ausschreibung umzusetzen“, ergänzt Kirstin van de Sande, Rechtsanwältin und Vertreterin der Stadt Köln im Beschwerdeverfahren C-796/18. |