Trotz ehrgeiziger Klimaziele fehlt vielen Immobilienunternehmen der Plan: Eine neue Umfrage zeigt Defizite bei Konzepten, Budgets und Datenerfassung.
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Große Ambitionen, aber langsamer Fortschritt
Die Immobilienbranche steht vor einer der größten Herausforderungen ihrer Geschichte: Bis 2050 sollen Gebäude klimaneutral werden. Dafür müssten jährlich bis zu 1,2 Millionen Immobilien energetisch saniert werden – doch aktuell liegt die Sanierungsquote bei nur rund 280.000 Gebäuden im Jahr. Das zeigt, wie groß die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist.
Strategien fehlen vielerorts
Eine gemeinsame Umfrage von aedifion und Rueckerconsult unter Projektentwicklern, Bestandshaltern und Finanzierern bringt deutliche Schwächen zutage: Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen verfügt über kein konkretes Dekarbonisierungskonzept. Selbst bei jenen mit Strategie fehlt oft die Kenntnis über den tatsächlichen CO₂-Ausstoß ihrer Liegenschaften. Zudem geben rund 60 Prozent an, kein spezifisches Budget für Maßnahmen zur Emissionsminderung eingeplant zu haben.
Zwischen Klimaziel und Kostendruck
Die regulatorischen Ziele sind klar formuliert – die wirtschaftlichen Bedingungen erschweren jedoch ihre Umsetzung. Prof. Dr. Henric Hahr (Real Blue) bringt es auf den Punkt: „Die Absichten sind da, aber der finanzielle Spielraum fehlt.“ Viele Unternehmen sehen sich zwischen steigenden Kosten, Zinssorgen und unsicheren Förderbedingungen gefangen.
Stranded Assets als reale Gefahr
Der Handlungsdruck steigt: 73 Prozent der Befragten rechnen mit finanziellen Einbußen, sollten Sanierungen ausbleiben. Knapp ein Drittel warnt vor der Gefahr sogenannter Stranded Assets – Gebäude, die aufgrund fehlender Nachhaltigkeit am Markt nicht mehr vermittelbar sind. Gleichzeitig geht fast ein Viertel davon aus, dass die Folgen auch bei Untätigkeit begrenzt bleiben – ein Trugschluss, wie viele Experten meinen.
Sanierung beginnt mit Daten
Ein zentrales Problem: Viele Unternehmen kennen ihren Energieverbrauch nicht im Detail. Ohne präzise Verbrauchsdaten lassen sich jedoch keine gezielten Maßnahmen planen oder Einsparpotenziale identifizieren. Iris Hagdorn (HIH Invest) betont: „Transparente Daten sind die Grundlage für jede effiziente Sanierungsstrategie.“
Wärmepumpen – unterschätzte Lösung
Obwohl Wärmepumpen als klimafreundliche Alternative zu fossilen Heizsystemen gelten, setzen bislang nur wenige Unternehmen darauf. Dabei bieten sie neben der Emissionsreduktion auch wirtschaftliche Vorteile – insbesondere im Zusammenspiel mit flexiblen Stromtarifen und erneuerbaren Energien. Johannes Fütterer (aedifion) sieht die Technologie als Schlüsselfaktor der Wärmewende.
KI: Technologie mit Potenzial
47 Prozent der Befragten sehen in Künstlicher Intelligenz eine Chance für die Dekarbonisierung. KI könnte dabei helfen, Betriebsabläufe effizienter zu steuern, Verbräuche zu analysieren und Einsparungen gezielt umzusetzen. Doch noch fehlt es oft an vernetzten Systemen, um diese Möglichkeiten flächendeckend zu nutzen.
Zwischen Herausforderung und Chance
Die Dekarbonisierung des Gebäudebestands ist kein Zukunftsthema – sie ist längst Gegenwart. Doch fehlende Investitionen, mangelnde Strategien und unzureichende Daten bremsen den Wandel. Klar ist: Ohne ein Zusammenspiel aus digitaler Technik, verlässlicher Politik und konsequenter Umsetzung wird das Klimaziel 2050 kaum erreichbar sein. Die Zeit zum Handeln ist jetzt. |