Der Auftragnehmer kann einen Bedenkenhinweis sowohl gegenüber dem Auftraggeber als auch dessen bevollmächtigten Vertreter abgeben. Verschließt sich der Vertreter aber den Bedenken, so muss der Auftragnehmer sich direkt an den Besteller wenden, es sei denn, es handelt sich um den Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft.
Dies hat das Landgericht Mainz mit Urteil vom 07.04.2022 (Az.: 9 O 191/18) entschieden.
RA Michael Seitz
Der Fall: AN verlegt für eine Wohnungseigentümergemeinschaft Teppichboden in den Fluren des Hauses. Dieser ist der konkreten Belastungssituationen nicht gewachsen und deshalb schwer zu reinigen. Außerdem fehlt es an einer vollflächigen Spachtelung des Untergrundes. Die WEG fordert Schadensersatz. AN wendet ein, die Verwaltung der WEG habe ihn angewiesen, die "ausgefallenen und ganz besonderen Kundenwünsche" entgegen seinem ausdrücklichen Rat einzubauen.
Das Urteil: Die WEG unterliegt! Das Landgericht erhebt Beweis und stellt fest, dass AN in den Verwalter ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Boden den Belastungen nicht standhalten werde und dass zudem vor der Verlegung des Teppichs eine vollständige Spachtelung erforderlich ist. Der Verwalter habe die Spachtelung als zu kostenaufwendig abgelehnt und den zu erwartenden Verschmutzung mit der Anschaffung einer Reinigungsmaschine entgegenwirken wollen. Damit habe AN seine Hinweispflicht erfüllt. Die WEG wird (§ 27 Abs. 3 S. 1 WEG) durch den Verwalter vertreten. An den Verwalter gerichtete, klare Bedenkenhinweise und darauf folgende, dem Hinweis entgegenstehende Anordnungen des Verwalters schließen die Haftung des Unternehmers aus.
Fazit:
Nach Auffassung des Landgerichts Mainz reicht also ein Bedenkenhinweis gegenüber dem Verwalter aus, da dieser die WEG nach dem Gesetz vertritt. Die Entscheidung dürfte schon deshalb richtig sein, weil die WEG keine eigenen Organe besitzt und sich daher der Auftragnehmer schon rein praktisch nicht unmittelbar an seinen Auftraggeber, die WEG wenden kann. Dem Bedenkenhinweis entgegenstehende Weisungen des Verwalters muss sich die WEG also zurechnen lassen. Allerdings: Ob die Entscheidung des Landgerichts auch vor den Obergerichten Bestand haben wird, steht dahin. Und außerdem: Für den Regelfall bleibt es dabei, dass der AN seinen Bedenkenhinweis an den Bauherrn richten muss, wenn sich dessen Vertreter (z. B. der Architekt) dem Bedenkenhinweis verschließt. Dies dürfte in aller Regel beispielsweise dann anzunehmen sein, wenn der Bedenkenhinweis sich gegen eine fehlerhafte Planung des Architekten richtet.
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