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Bauwasser- und Baustromklausel unwirksam?

13.01.2023

In einem vom Auftragnehmer vorformulierten Bauvertrag enthaltene Klausel, nach der "Bauwasser und Baustrom … vom Bauherrn gestellt bzw. … die Kosten des Unternehmers insoweit ausgeglichen (werden)", benachteiligt den Auftraggeber unangemessen, ist außerdem überraschend und wird daher nicht Vertragsbestandteil.

Dies hat das OLG Schleswig mit Urteil vom 31.08.2022 (Az.: 12 U 119/21) entschieden.

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RA Michael Seitz

Der Fall:

AG, ein Verbraucher, und AN schließen einen Bauvertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses, der u. a. die im Leitsatz genannte Klausel enthält. Später geraten die Parteien über Mängel in Streit. AN verlangt Vorschuss für die Mangelbeseitigung, AG begehrt widerklagend u. a. Vergütung für die Längervorhaltung einer Silojetanlage, weil AN vertragswidrig für einen bestimmten Zeitraum keinen Baustrom zur Verfügung gestellt habe, weshalb die Anlage nicht habe genutzt werden können und länger vorgehalten werden musste.

Das Urteil:

Ebenso wie das Landgericht gibt auch das OLG der Vorschussklage statt und weist die Widerklage ab. Soweit AG die Längervorhaltung der Silojetanlage eine Vergütung verlangt, kommt zwar grundsätzlich ein Anspruch aus § 6 Abs. 6 VOB/B bzw. § 642 BGB in Betracht, sofern sich AG wegen der fehlenden Lieferung von Baustrom im Annahmeverzug mit der Leistung des AN befunden habe. Dies sei jedoch nicht der Fall, denn die von AN verwendete Bauwasser- und Baustromklausel sei unwirksam. Sie benachteilige jedenfalls den Verbraucherbauherrn unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Klausel stelle nämlich inhaltlich eine Einschränkung der Leistung des Unternehmers dar, der grundsätzlich für den Werkerfolg verantwortlich sei und daher grundsätzlich auch die Kosten für Baustrom und Bauwasser zu tragen habe. Dass hier entgegen der gesetzlichen Grundregel dem Bauherrn das Risiko für die Beschaffung von Baustrom und Bauwasser auferlegt wurde, war unangemessen, weil es zumindest für den privaten Bauherren ein vollkommen unkalkulierbaren Kostenfaktor darstelle. Die Klausel sei zudem gemäß § 315c BGB überraschend, da AN nicht damit rechnen müsse, dass eine eigentlich Unternehmer obliegende Verpflichtung ohne Kompensation nunmehr ihm auferlegt werde. Daher sei die Verzögerung nicht von AG zu vertreten, er habe sich folglich nicht im Annahmeverzug befunden. Deshalb kann er keine Kompensation für die Längervorhaltung der Silojetanlage verlangen.

Fazit:
Entgegen den Ausführungen des OLG Schleswig sind derartige Klauseln keineswegs selten, sondern weithin üblich. Zumindest bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern ist nach dem Urteil des OLG Schleswig nunmehr höchste Vorsicht geboten. Es steht zu erwarten, dass sich nicht nur (Verbraucher-) Bauherrn auf dieses Urteil berufen werden. Die Unwirksamkeit der Klausel hat weitreichende Folgen, führt sie doch nicht nur dazu, dass AN Bauwasser und Baustrom selbst zu tragen hat, sondern - wie der vorliegende Fall anschaulich zeigt - auch dazu, dass mangels Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung AG nicht in Verzug gerät, wenn er den Baustrom bzw. das Bauwasser nicht liefert. Stellt AN aus diesem Grund die Leistung ein, gerät er vielmehr seinerseits in Verzug mit der Folge, dass AG den Bauvertrag nach Fristsetzung aus wichtigem Grund kündigen kann. Ob die Klausel auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr als unwirksam anzusehen ist, hat das OLG Schleswig nicht entschieden.

  Quelle: RA Michael Seitz


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