IG-Bau fordert Einmischen des Staates
In Deutschland herrscht Wohnungsnot, und das seit mehr als 20 Jahren. Laut Hochrechnungen fehlen rund 700.000 Wohnungen. Trotzdem hat das bekannte Unternehmen Vonovia angekündigt, den Neubau von Sozialwohnungen zu stoppen. Zum einen ist das für die Wohnungssituation fatal, zum anderen sendet das ein falsches Signal an die Bauwirtschaft. Deshalb hagelt es Kritik. Die Menschen stehen Schlange vor Wohnungsbesichtigungen, und mit einem Abebben des Flüchtlingsstroms darf auch nicht gerechnet werden.
Foto: Roland Riethmüller
Tiefschlag für den Markt
Die Ankündigung von Deutschlands größtem Immobilienkonzern über den geplanten Baustopp neuer Wohnungen löst bei der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) Unverständnis aus. "Wenn Deutschlands größter Wohnungskonzern den Neubau jetzt komplett auf Eis legt, dann hat das erhebliche soziale Auswirkungen: Den Neubau von Wohnungen zu stoppen - das ist ein Tiefschlag für den Markt, der dringend Wohnungen braucht, und für die Menschen, die dringend eine Wohnung suchen”, erklärt der stellvertretende IG Bau-Bundesvorsitzende Harald Schaum. “Mit über 700.000 fehlenden Wohnungen herrscht die größte Wohnungsnot seit über zwanzig Jahren".
Vonovia nutzt Wohnungsnot aus
Es ist eine miserable Zeit, jetzt den Wohnungsbau zu stoppen. Nicht nur Flüchtlinge sind auf Wohnungssuche. Die Not ist echt. Aber Vonovia scheint nur noch auf Kommerz aus zu sein. So möchte das Unternehmen mehr Fördergelder kassieren. Andernfalls nimmt es die Wohnungsnot gerne in Kauf, ja, nutzt sie aus.
Ganz nebenbei hat dieses Fehlverhalten negative Signalwirkung auf andere Wohnungsbauunternehmen. Bundesbauministerin Klara Geywitz dürfe sich das nicht gefallen lassen, fordert die Gewerkschaft. Sie müsse sich jetzt auf die sozial Schwachen einstellen. Bund und Länder müssen helfen. Das gelte im Besonderen für die kommunalen, den genossenschaftlichen und den kirchlichen Wohnungsgesellschaften.
Wohnungsnot-Desaster
Das Absenken der Mehrwertsteuer beim Bau von Sozialwohnungen von 19 auf sieben Prozent wäre ein erster wichtiger Schritt. Der Staat sei jetzt gefordert. Er muss den Sozialwohnungsbau neu erfinden. Ansonsten könnte es sein, dass der Neubau von Sozialwohnungen vollkommen absackt. Das führe dann unweigerlich in ein Wohnungsnot-Desaster.
Das Potenziell ist omnipräsent. Das Bündnis "Soziales Wohnen" fordert ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025. Nicht genügend Sozialwohnungen bedeuten das sozialer Sprengstoff.
Es werde Zeit, dass der Staat bei Vonovia einsteige, fordert Schaum. Er müsse Einfluss nehmen. Das wäre ein wichtiges Signal, dass der Staat zeigt, dass er sich nach dem Rückzug wieder in den privaten Wohnungsmarkt einmischen würde. Der Appell der IG Bau ist klar. Im Krisenjahr muss mehr gebaut werden. |