Die Vergabekammer (VK) Sachsen-Anhalt hat mit Beschluss vom 25.03.2015 – 3 VK LSA 8/15 – Folgendes entschieden:
• Ein Auftraggeber darf sich über die Angemessenheit der Preise, wenn nötig durch Einsicht in die vorzulegende Kalkulation, unterrichten. • Verweigert ein Bieter die geforderte Aufklärung oder lässt er die ihm gesetzte Frist unbeantwortet verstreichen, kann sein Angebot ausgeschlossen werden.
Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte im Wege einer öffentlichen Ausschreibung auf der Grundlage der VOB/A Bauleistungen ausgeschrieben. Der geschätzte Auftragswert lag unterhalb der EU-Schwellenwerte (am Bau: EUR 5,186 Mio.). In den Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) waren die Ausführungsfristen (Beginn 09.03.2015; Ende 17.04.2015) als verbindliche Fristen gemäß § 5 Abs. 1 VOB/B vorgegeben worden. Submission war am 02.02.2015. A legte im Submissionstermin ein Angebot vor und belegte den ersten Platz. Sein Angebot war preislich um mehr als 10 % günstiger als das des zweitplatzierten Bieters und 30 % günstiger als das des Drittplatzierten. Wegen der erheblichen Preisdifferenz forderte der AG den A zunächst zur Vorlage des Formblatts 223 – Aufgliederung der geforderten Einheitspreise – auf, das A innerhalb der ihm gesetzten Frist vorlegte. Darauf forderte der AG zu einem Aufklärungsgespräch am 17.02.2015 auf. Auf Wunsch von A (der Geschäftsführer befand sich im Urlaub) wurde das Gespräch auf 23.02.2015 terminiert; A wurde gebeten, die Urkalkulation mitzubringen. Im Einladungsschreiben war ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Termin um einen „Endtermin“ handele und eine Verzögerung nicht akzeptiert werde. A konnte auch diesen neuen Termin wegen von ihm nicht zu vertretender Verzögerung bei der Rückreise nicht einhalten. Der AG schloss daraufhin das Angebot des A wegen unzureichender Mitwirkung zur Aufklärung eines unangemessen niedrigen Angebotspreises aus.
Die VK, die aufgrund des Vergabegesetzes Sachsen-Anhalt auch bei nationalen Vergaben angerufen werden kann, gibt hier dem AG Recht. Das Angebot war (gemäß § 14 Abs. 2 LVG- SA sowie) gemäß § 15 Abs. 1 und § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A auszuschließen. Gemäß § 14 Abs. 2 LVG-SA sei der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, die Kalkulation zu überprüfen, wenn ein Angebot um mindestens 10 % vom nächsthöheren Angebot abweiche. Im Rahmen dieser Überprüfung sei der Bieter verpflichtet, die ordnungsgemäße Kalkulation nachzuweisen. Komme der Bieter dieser Verpflichtung nach Aufforderung des öffentlichen AG nicht nach, so sei er vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen. Entsprechend § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A dürfe auf ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis der Zuschlag nicht erteilt werden.
Wenn ein Angebotspreis unangemessen niedrig erscheine und anhand vorliegender Unterlagen die Angemessenheit nicht zu beurteilen sei, sei gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 2 VOB/A in Textform vom Bieter Aufklärung zu verlangen. Verweigere ein Bieter die geforderten Aufklärungsangaben oder lasse er die ihm gesetzte Frist unbeantwortet verstreichen, könne sein Angebot unberücksichtigt bleiben. Hier sei es durch die Nichteinhaltung des Termins zur Aufklärung am 23.02.2015 dem AG nicht möglich gewesen, in der von ihm dem A vorgegebenen Frist die Auskömmlichkeit des Angebotes zu prüfen. Die vom AG im Wege einer pflichtgemäßen Ermessensentscheidung getroffene Entscheidung, das Angebot auszuschließen, sei unter Berücksichtigung des engen, dem Bieter bekannten Zeitplans daher auch verhältnismäßig.
RA Michael Werner
Partner in der Kanzlei ZIRNGIBL LANGWIESER Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
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Anmerkung: Der Entscheidung zuzustimmen. Auch wenn der Bieter hier den Nachweis aus Gründen, die er selbst nicht zu vertreten hatte, die jedoch in seiner Risikosphäre lagen, nicht rechtzeitig führen konnte, war sein Angebot (gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 LVG-SA) zwingend auszuschließen. Die Besonderheit besteht hier darin, dass hier aufgrund der landesrechtlichen Regelung der AG gar kein Ermessen hatte, während dieses bei einem Ausschluss gemäß § 16 Abs. 6 VOB/A noch gegeben ist. |