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Angebotsausschluss wegen Verkürzung der Gewährleistungsfrist

22.12.2014

Die Vergabekammer (VK) Bund hat mit Beschluss vom 06.02.2014 – VK 1-125/3 – u.a. Folgendes entschieden:

Sollen nach den Vergabeunterlagen die Vorschriften der VOB/B als Vertragsbedingungen gelten, gehört dazu auch die Regelung des § 13 Abs. 4 VOB/B zur Verjährung von Mängelansprüchen. Danach gilt für Bauwerke eine Verjährungsfrist von vier Jahren. Weicht der Bieter mit einer pauschal angebotenen Frist hiervon ab, ist sein Angebot auszuschließen.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte im Offenen Verfahren Bauleistungen europaweit ausgeschrieben. Mit den Ausschreibungsunterlagen wurde den Bietern ein Formblatt zur Verfügung gestellt, das von diesen ausgefüllt, unterschrieben und mit dem Angebot abzugeben war; darin war die Geltung der VOB/B vorgesehen. Bieter A gab ein Hauptangebot ab. Bieter B gab ebenfalls ein Hauptangebot ab und sandte am 07.10.2013 dem AG ein gesondertes Anschreiben mit der pauschalen Formulierung „Gewährleistung 24 Monate“. Auf Nachfrage des AG erklärte B am 21.11.2013, dass er an seinem Schreiben vom 07.10.2013 nicht weiter festhalte. Am 10.12.2013 erklärte der AG, dem Hauptangebot des B den Zuschlag zu erteilen. Dagegen wehrte sich A mit Nachprüfungsantrag - u.a. mit der Auffassung, dass auch das Anschreiben des B vom 07.10.2013 Angebotsbestandteil geworden sei und B die Gewährleistungsfrist entgegen den Vergabeunterlagen einseitig verkürzt habe.

Die Vergabekammer gibt A recht und untersagt dem AG die Zuschlagserteilung an B. B habe hier die Vergabeunterlagen gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 VOB/A-EG geändert, sodass sein Hauptangebot nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 b VOB/A-EG auszuschließen sei. Nach dem Formblatt des AG sollten die Regelungen der VOB/B gelten; dazu gehöre auch die Regelung des § 13 Abs. 4 VOB/B zur Verjährung von Mängelansprüchen. Nach § 13 Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 VOB/A gelte für Bauwerke – wie hier vorliegend – eine Verjährungsfrist von vier Jahren. Zwar sei eine anderweitige Verjährungsfrist nach dieser Vorschrift grundsätzlich möglich, diese sei jedoch in den Vergabeunterlagen nicht vorgesehen. Die in § 13 Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 VOB/B enthaltene kürzere Frist von zwei Jahren entfalle lediglich auf genau bestimmte Anlagenteile (maschinelle und elektrotechnische/elektronische Anlagenteile), wenn die diesbezügliche Wartung nicht ebenfalls an den entsprechenden Bauauftragnehmer vergeben werde. Das Angebot des B sei hier dahin auszulegen, dass B eine Gewährleistungsfrist von 24 Monaten für alle Leistungen angeboten habe. Zwar sei dem von B eingereichten und unterzeichneten Formblatt zu entnehmen, dass die Regelung der VOB/B und damit grundsätzlich auch § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B Bestandteil des Angebots sein sollte. Das Anschreiben des B vom 07.10.2013 beinhalte aber eine unzulässige Ergänzung der Norm dahingehend, dass die vom AG geforderte Gewährleistungsfrist von vier Jahren nicht gelten solle. Hier sei aus Sicht des maßgeblichen Empfängerhorizonts des AG die ausdrückliche Angabe der 24-Monatsfrist maßgeblich. Dem allgemeinen und pauschalen Verweis auf die VOB/B und damit auf eine Vielzahl von Regelungen zu verschiedenen Vertragsbedingungen könne nicht der Bedeutungsgehalt zugemessen werden, dass die individuell getroffene Regelung vollkommen unbeachtlich sei. Auch sei das Anschreiben deshalb Angebotsbestandteil geworden, weil es gemeinsam mit den übrigen Unterlagen im verschlossenen Umschlag eingereicht worden sei. Unbeachtlich sei schließlich die Klarstellung vom 21.11.2013. Denn im Hinblick auf Sinn und Zweck der Angebotsfrist im Offenen Verfahren sowie das Gleichbehandlungsgebot im Vergabeverfahren seien nachträgliche Tatsachen jedenfalls dann bei der Auslegung nicht zu beachten, wenn sie den Angebotsinhalt nachdrücklich änderten und im Ergebnis dazu führen würden, dass dem betroffenen Bieter eine längere Angebotsfrist eingeräumt werde als den übrigen Bietern. Sei das – wie hier – der Fall, würde eine Berücksichtigung des Schreibens vom 21.11.2013 dazu führen, dass das Angebot des B nunmehr die vom AG gewollte Gewährleistungsfrist des § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B vorsehen und damit nachträglich der Angebotsinhalt geändert würde.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
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Anmerkung:
Die Entscheidung ist deshalb von hohem Interesse, da sie eindeutig aussagt, dass auch spätere Erklärungen nach Angebotsabgabe nicht geeignet und ausreichend sind, einen Ausschluss zu verhindern. Es ist immer wieder festzustellen, dass Bieter – meistens unbeabsichtigt – ihre eigenen, abweichenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) dem Angebot beifügen (z.B. auf der Rückseite ihres Angebotes) und damit hohes Risiko laufen, ausgeschlossen zu werden. Bieter sollten daher äußerst vorsichtig sein, eigene Vertragsparameter, die nicht selten im Widerspruch zu denen des AG stehen, zum Gegenstand ihres Angebotes werden zu lassen.

  Quelle: RA Michael Werner


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