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Änderung der Vergabeunterlagen ist zulässig!

01.03.2016

von RA Michael Werner

Nach Zurückversetzung:

Die Vergabekammer (VK) Lüneburg hat mit Beschluss vom 26.11.2015 – VgK-43/2015 – Folgendes entschieden:

• Muss der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren in das Stadium vor Aufforderung zur Abgabe des finalen Angebots zurückversetzen, ist es nicht zu beanstanden, wenn er auch die Vergabeunterlagen (z.B. Leistungsverzeichnis, Bewertungsmatrix und Preisblatt) überarbeitet und den Bietern die Neufassungen mit der erneuten Aufforderung zur Angebotsabgabe bekannt gibt.

• Haben die Bieter nach Maßgabe einer geänderten Bewertungsmatrix damit zu rechnen, dass Ihre IT-Anwendungen in Bezug auf den Bearbeitungsaufwand beurteilt werden, können sie nicht darauf vertrauen, dass allein die erfolgreiche Bearbeitung von Beispielfällen in der ersten Verhandlungsrunde wieder zur Vergabe der maximalen Punktzahl führt.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte die Beschaffung neuer Software für das Einwohnermeldewesen mit europaweiter Bekanntmachung im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit ausgeschrieben. Nach Auswahl der Angebote war das des Bieters A auf Rang 1 gelegen. Aufgrund eines Nachprüfungsverfahrens eines anderen Bieters hatte die Vergabekammer jedoch das Vergabeverfahren in den Stand vor Aufforderung zur Abgabe des finalen Angebots zurückversetzt. Der AG nahm die Zurückversetzung des Verfahrens zum Anlass, die Vergabeunterlagen, insbesondere das Leistungsverzeichnis, die Gewichtung der Kriterien sowie das Preisblatt in wesentlichen Teilen zu überarbeiten. Darauf forderte er die Bieter zur erneuten Angebotsabgabe auf. Bieter A gab darauf zwar das preislich günstigste Angebot ab, das jedoch aufgrund der vom AG geänderten Leistungspunkte nur auf Rang 2 lag. Nach Rüge beantragte A Nachprüfung und bemängelte, dass die Vergabeunterlagen geändert worden seien und sein Angebot bei einzelnen Kriterien weniger Punkte erhalten habe als in der vormaligen Bewertung des ersten finalen Angebotes; er sah sein Angebot daher zu Unrecht abgewertet.

Die VK gibt hier dem AG Recht. A sei nicht in seinen Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Nach Zurückversetzung des Vergabeverfahrens sei der AG berechtigt, die Vergabeunterlagen zu überarbeiten. Er müsse dies den Bietern mit erneuter Aufforderung zur Angebotsabgabe unter Wahrung des vergaberechtlichen Transparenzgrundsatzes bekanntgeben, was hier geschehen sei. Die Bieter dürften nicht darauf vertrauen, dass die Bewertung einzelner Kriterien in den Verhandlungsrunden des neuen, nunmehr korrigierten Vergabeverfahrens genauso ausfallen müsse wie die Bewertung im ursprünglichen Vergabeverfahren. Vielmehr hätten die Bieter nach Maßgabe der geänderten Bewertungsmatrix erkennen können, dass der AG nunmehr auch den Bearbeitungsaufwand bei der Ausstellung von Reisepässen und Personalausweisen beurteilen würde. Die Bewertung zwischen den finalen Angeboten des korrigierten Vergabeverfahrens sei auch ordnungsgemäß vorgenommen worden. Anhaltspunkte für eine Überschreitung des dem AG zustehenden Beurteilungsspielraums zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes seien nicht erkennbar. Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass es nicht Aufgabe des AG sei, im Rahmen eines Verhandlungsgespräches dem Bieter darzulegen, wie er sein Angebot auf die Höchstpunktzahl in den einzelnen Kriterien optimieren könne.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Haus Cumberland
Kurfürstendamm 194
D - 10707 Berlin
E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
www.zl-legal.de

Anmerkung:
Wie die VK herausarbeitet, ist es absolut zulässig, nach Zurückversetzung des Vergabeverfahrens die Vergabeunterlagen zu ändern bzw. zu korrigieren – unter der Voraussetzung, dass dies allen Bietern unter Wahrung des Transparenzgrundsatzes mitgeteilt wird. Wie die Entscheidung ebenfalls zeigt, können Bieter nicht darauf vertrauen, dass die erfolgreiche Bewertung einzelner Kriterien in vorangegangenen Verhandlungsrunden erneut zur gleichen Bewertung mit der erzielten, maximalen Punktzahl führen wird, sondern neu beurteilt werden kann.

 

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