von RA Michael Seitz
Die Verjährungsfrist für Baumängel ist nicht in jedem Falle an die Abnahme der Leistung geknüpft. Sie beginnt vielmehr auch, wenn der Auftraggeber die Abnahme endgültig verweigert und so die Entgegennahme des Werkes als Erfüllung ablehnt.
Dies hat das OLG Dresden mit Beschluss vom 05.09.2017 (Az.: 22 U 379/17) entschieden. Der BGH hat die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 25.03.2020 (Az.: VII ZR 242/17) zurückgewiesen.
Der Fall: AG schließt mit AN im Jahr 2000 einen Bauvertrag. Es kommt zum Streit über angebliche Mängel, deshalb fordert AG den AN mehrmals schriftlich dazu auf, bis zum 12.06.2002 Terminvorschläge für eine Mängelbeseitigung zu unterbreiten. Schließlich setzt er eine Frist zur Mängelbeseitigung bis zum 15.07.2002 und droht für den Fall, dass die Mängel nicht beseitigt werden, die Ersatzvornahme an. AN reagiert nicht, daraufhin erklärte AG im August die Kündigung. AN stellt auf Anforderung des AG die Schlussrechnung über 44.000,00 Euro aus, die AG jedoch nicht bezahlt. AN klagt auf Restwerklohn, der Streit zieht sich hin. Erst im April 2016 schließlich erhebt AG Widerklage und verlangt von AN die Zahlung von 115.000,00 Euro als Kosten der Ersatzvornahme. AN wendet Verjährung ein.
Die Entscheidung: Zu Recht! Die Widerklage wird abgewiesen, denn die Forderung des AN auf Zahlung der Ersatzvornahmekosten ist verjährt. Zwar verjähren Mängelansprüche bei Bauwerken innerhalb von fünf Jahren und die Verjährung beginnt grundsätzlich erst mit der Abnahme. Allerdings beginnt die Verjährungsfrist auch dann zu laufen, wenn AG die Abnahme endgültig verweigert und die Entgegennahme des Werkes also endgültig ablehnt. Die endgültige Ablehnung der Leistung ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und insbesondere dann anzunehmen, wenn AG dem AN erfolglos eine Frist zur Beseitigung wesentlicher Mängel androht und für den Fall der Fristversäumnis eine weitere Nachbesserung des AN ablehnt. So lag es auch hier. Bereits im Jahr 2002, nachdem AN für den Fall der Fristversäumnis die Mängelbeseitigung abgelehnt und zudem im August 2002 den Vertrag gekündigt hatte, ist sein Recht auf Nachbesserung erloschen. Seither bestanden für den AG lediglich noch Gewährleistungsansprüche in Geld. Damit begann die Verjährung zu laufen. Die Verjährungsfrist endete folglich im Jahre 2007, die Widerklage des AG war (weit) verspätet.
Fazit: Die Tatsache, dass AN den AG auf den Werklohn verklagt, unterbricht nicht etwa die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche des AG, wenn dieser sie nicht geltend macht. Verweigert also AG die Abnahme ernsthaft und endgültig, so entsteht ein Abrechnungsverhältnis und die Verjährung beginnt zu laufen. Eine andere Frage ist es allerdings, ob AG gegen die Werklohnansprüche des AN mit dem (verjährten) Gegenanspruch aufrechnen kann. Dies dürfte zu bejahen sein, denn mit einer verjährten Forderung kann aufgerechnet werden (§ 215 BGB). Ebenfalls kein Abrechnungsverhältnis entsteht übrigens, wenn AN zwar die Beseitigung von Mängeln endgültig verweigert, AG jedoch auf einer Nachbesserung besteht. Zwar verliert dann AN sein Recht zur Mängelbeseitigung. Soweit AG jedoch auf Erfüllung besteht, kann die Verjährungsfrist für Mängelansprüche nicht beginnen, weil AG dann seinen Erfüllungsanspruch behält. |