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„Aber ich habe doch jahrelang…“

03.09.2018

Ausgleichungspflicht unter den Erben

Bekanntlich ist die Auseinandersetzung zwischen den Erben ein unbeliebtes Thema. Brisanter wird es nach Ansicht von Dipl.-Finw. Bettina M. Rau-Franz, zertifizierte Testamentsvollstreckerin und Partnerin in der Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei Roland Franz & Partner in Düsseldorf, Essen und Velbert, wenn einer von mehreren Miterben zu Lebzeiten des Erblassers diverse Tätigkeiten oder Versorgungs- und Pflegeleistungen für ihn erbracht hat, während die anderen sich schlimmstenfalls erst bei der Erbauseinandersetzung gemeldet haben. Nicht selten hört man: „Aber ich habe doch jahrelang den Vater/die Mutter gepflegt…“ oder „... die letzten Jahre nur in seinem Haushalt mitgeholfen.“ „Solche oder ähnliche Einwände der Erben sind nicht ganz unberechtigt, denn während der eine sich womöglich jahrelang um den bettlägerigen Vater gekümmert oder unentgeltlich den Haushalt aufrechterhalten hat, dadurch seinem Beruf nicht nachgehen konnte und darüber hinaus Mehrkosten für Versorgungs- und Pflegeleistungen zu tragen hatte, machten sich die anderen Erben ein sorgloses Leben“, erklärt Testamentsvollstreckerin Bettina M. Rau-Franz.

Um der Fürsorge und Mühe dieser Erben Rechnung zu tragen, hat das deutsche Erbrecht in § 2057 a BGB eine Ausgleichsregelung getroffen. Hat demnach ein Abkömmling durch die Mitarbeit im Haushalt, Beruf, Geschäft oder durch Pflegeleistungen während längerer Zeit dazu beigetragen, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder sogar vermehrt wurde, kann hierfür bei der Auseinandersetzung ein Ausgleich verlangt werden. Dazu führt Bettina M. Rau-Franz weiter aus:„Allerdings sollte hierbei beachtet werden, dass der Ausgleichsanspruch entfällt, wenn der Abkömmling für die erbrachte Leistung bereits ein angemessenes Entgelt erhalten hat oder ein solches vereinbart, jedoch noch nicht entrichtet wurde. Die Durchführung der Ausgleichung erfolgt dann bei der Erbauseinandersetzung rein rechnerisch, ohne dass dabei ein Anspruch entsteht“.

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Foto: www.franz-partner.de

Das OLG Schleswig hat sich im Urteil vom 22.11.2016, Az.: 3 U 25/16, mit der Frage befasst, wie so ein Ausgleichsbetrag bei Pflegeleistungen ermittelt wird. Denn hierzu schweigt § 2057 a BGB, indem darin lediglich angeordnet wird, dass die „Ausgleichung so zu bemessen ist, wie es mit Rücksicht auf die Dauer, den Umfang und den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht.“

Das OLG Schleswig hat in seiner Entscheidungsfindung diese sehr abstrakte Anordnung wie folgt konkretisiert.

1. Zum einen muss die Pflegeleistung während längerer Zeit erbracht worden sein. Sie muss sich also in zeitlicher Hinsicht deutlich von dem abheben, was die übrigen Miterben für den Erblasser erbracht haben. Auszugleichen sind also sogenannte überobligatorische Leistungen. Normale Leistungen einer Eltern-Kind-Beziehung können währenddessen nicht zurückgefordert werden (LG Magdeburg, Urteil vom 20.10.2010, BeckRS 2011, 20919).

2. Die auszugleichende Pflegeleistung muss zur Mehrung oder zumindest Erhaltung des Erblasservermögens im besonderen Maße beigetragen haben. Hierbei dürfen an die Darlegungspflicht jedoch keine überhöhten Anforderungen gestellt werden.

Der Erhalt des Erblasservermögens kann z. B. darin gesehen werden, dass durch die erbrachten Pflegeleistungen ansonsten beispielsweise anfallende Kosten für eine professionelle Pflege oder eine Heimunterbringung nicht ausgegeben werden mussten (OLG Schleswig, ZEV 2013, 86). Hierbei muss aber auch der immaterielle Wert der erbrachten Leistungen Berücksichtigung finden. Allerdings darf es unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit nicht zu dem Ergebnis führen, dass der Ausgleichsberechtigte die komplette Erbschaft erhält und die anderen leer ausgehen.

Bei der Bezifferung der Leistung sind deshalb folgende Faktoren zu beachten:
• Leistungszeitraum, Pflegeaufwand und in welchem Umfang der Nachlass erhalten wurde.
• Im Rahmen der Billigkeitsprüfung ist der immaterielle Wert der Pflege für den Erblasser einerseits und andererseits die Nachteile (wie z. B. Einkommensverluste) sowie eventuelle Vorteile (etwa Wohnvorteile oder lebzeitige Schenkung) für den pflegenden Abkömmling zu berücksichtigen.
• Vermögensinteressen der übrigen Erben und der Pflichtteilsberechtigten sowie die Höhe des gesamten Nachlasses.

„Um Streitigkeiten zwischen den Erben zu vermeiden, sollte der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung anordnen, dass der Pflegende ein Geldvermächtnis für die erbrachten Pflegeleistungen erhält, dessen Höhe der Erblasser aber auch beliebig festsetzen kann“, rät Testamentsvollstreckerin Betttina M. Rau-Franz.

  Quelle: www.franz-partner.de


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